Titel und Erscheinungsverlauf
Correspondent für Untersteiermark (30. März 1862 – 30. Dezember 1864; zunächst zwei, dann drei Ausgaben wöchentlich, ab 1914 Tageszeitung)
Marburger Korrespondent (1865)
Marburger Zeitung (1866 – 31. August 1870, Nr. 117)
Tagesbote für Untersteiermark (1. September 1870, Nr. 118 – 30. November 1870, Nr. 193)
Marburger Zeitung (2. Dezember 1870, Nr. 194 – 25. Februar 1929, Nr. 54)
Mariborer Zeitung (26. Februar 1929, Nr. 55 – 8. April 1941, Nr. 80)
Marburger Zeitung (9. April 1941, Nr. 81 – 8. Mai 1945)
Format:
39x26 cm bis 1888;
40x28 cm bis 1893;
42x32 cm bis 1918;
43,5x30 cm ab 1919 (Angaben bis 1881 und ab 1921 nicht überprüft)
Beilagen
Slobodni Slovenec („Freier Slowene“, slow., 1870)
Sonntags-Beilage der „Marburger Zeitung“ (1886-1898)
Sonntagsblatt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage zur „Marburger Zeitung“ (1898-1900)
Illustrirtes Sonntagsblatt. Gratisbeilage zur „Marburger Zeitung“ (1900 - ?)
Redakteure
Adalbert Swoboda (30.03.1862 - 30.3.1863)
Franz Zistler (1.04.1863 - August 1864)
Eduard Janschitz (August 1864 – November 1865)
Julius Seeliger
Franz Wiesthaler
Adolf Harp
Max Besozzi
Hans Kordon
Leopold Kralik
Adolf Huber
Josef Partisch
Herausgeber
Eduard Janschitz (1862-1882)
Leopold Kralik (1882-1917)
Druckerei
Druckerei des Eduard Janschitz, Gründer und Herausgeber der Zeitung
Mariborska tiskarna (ab September 1919)
Marburger Druckerei (ab 1939)
Marburger Verlags- und Druckereigesellschaft m. b. H.
Beschreibung
Die deutschnationale Marburger Zeitung bestimmte über nahezu ihren gesamten Erscheinungsverlauf die untersteirische Presselandschaft. Ursprünglich als unpolitisches, überparteiliches Lokalblatt für Marburg und Umgebung gegründet, wurde sie vor allem seit den 1880er Jahren zum Organ des untersteirischen Deutschtums und widersetzte sich den austroslawistischen Bestrebungen der Slowenen. Mit der kompromisslosen und teils radikalen Ausrichtung der Zeitung war jedoch ein nicht geringer Teil der größtenteils deutschsprachigen Marburger Bevölkerung unzufrieden, was in den 1900er Jahren zur Gründung einiger Konkurrenzblätter führte, in denen auch politische Differenzen unter den ansässigen Deutschen ausgetragen wurden. Dennoch konnte sie ihre führende Stellung behaupten. Nach Gründung des jugoslawischen Staates wurde die Zeitung 1919 von slowenischen Herausgebern übernommen und passte ihren Diskurs dementsprechend an: Sie setzte sich für eine Integration der deutschen Kultur ein, wandte sich jedoch zugleich gegen ihre Marginalisierung und Assimilation. In den 1930er Jahren wurde die Marburger Zeitung immer stärker zum Sprachrohr nationalsozialistischer Propaganda. Als letzte verbliebene deutschsprachige Zeitung stellte sie ihr Erscheinen am 8. Mai 1945 ein.
Kontext
Anders als in Ljubljana, wo 1707 das erste Wochenblatt gegründet worden war, existierte im mehrheitlich von Deutschen bewohnten Marburg zwar seit 1795 eine Druckerei, lange Zeit jedoch keine Presse. Die erstmalige Gründung einer Lokalzeitung mit dem Correspondenten für Untersteiermark im Jahr 1862 muss aus zwei Perspektiven betrachtet werden: Zum einen erfuhr ab den 1860er Jahren auch in Mittel- und Südosteuropa das Zeitungswesen allgemein einen Aufschwung, zum anderen setzte der Prozess der sich wechselseitig potenzierenden nationalen Ausdifferenzierung ab den 1860ern in der Region verstärkt ein, der sich nicht zuletzt auch in der Presse manifestierte. Hinzu kam die innen- und außenpolitische Krise der Habsburgermonarchie, die zu bürgerlichen Stellungnahmen und ausgereifterer politischer Meinungsbildung im Vielvölkerstaat führte.
Die politische Situation in Marburg, dessen Bevölkerung zu etwa 75 % deutschsprachig war, unterschied sich dabei grundsätzlich nicht von derjenigen der anderen mehrheitlich deutschen Städte Cilli/Celje oder Pettau/Ptuj in der Untersteiermark: Die slowenischen Eliten sahen ab den 1860er Jahren nicht nur das politische System, sondern auch die deutschsprachige Kultur als retardierendes Moment auf dem Weg zur slowenischen Nationsbildung. Die deutschsprachigen Bewohner der Region wollten dagegen im Wesentlichen das bestehende System bewahren, das ihrer Ethnie eine herausgehobene Stellung garantierte. Um Einfluss auf die Meinungsbildung und politische Entwicklung rivalisierten dabei sowohl slowenischnationale Zeitungen in deutscher Sprache wie beispielsweise die Südsteirische Post (Marburg/Maribor 1881-1900) als auch slowenischsprachige Blätter, die deutsche Interessen vertraten. Zu nennen sind unter letzteren vor allem Slobodni Slovenec (Der freie Slowene), eine vom Herausgeber der Marburger Zeitung gedruckte Zeitschrift, die mangels Lesern bald ihr Erscheinen einstellte, als auch Štajerski kmet. Svetovalec kmetom v političnih in gospodarskih zadevah (Der steirische Bauer. Ein Ratgeber für Bauern in politischen und wirtschaftlichen Fragen, 1894-1895) oder das Pettauer Blatt Štajerc (Der Steirer, 1900-1918). Der Erfolg dieser deutschnationalen Blätter bei den Slowenen war teilweise sehr gering, am geringsten unter der Bevölkerung im ruralen Raum. Ab 1883 erschienen erstmals mehr slowenischsprachige Zeitungen als deutsche.
Profil
Die erste Seite brachte meist einen Leitartikel zu tagespolitischen Themen. Die zweite und dritte Seite bot politische Nachrichten aus dem In- und Ausland, Lokal- und Provinznachrichten, Artikel zu wirtschaftlichen Themen sowie verschiedene Korrespondentenberichte, daneben Berichte zu kulturellen Angelegenheiten, zum Theaterleben und ein Feuilleton, häufig auf der zweiten oder dritten Seite. Es erschienen auch Artikel zur Geschichte der Stadt Marburg. Wie andere Zeitungen enthielt sie eine Rubrik Vermischtes sowie Anzeigen und Annoncen.
Hatte sich die Zeitung im ersten Jahr ihres Erscheinens einer politischen Stellungnahme noch enthalten und vielmehr über Tätigkeiten und Wirken der untersteirischen Gemeindeausschüsse sowie der gemeinnützigen Einrichtungen berichtet, so widmete sie sich ab 1863 unter dem Leitspruch „Gleiches Recht für alle!“ auch der politischen Berichterstattung im deutschnationalen Sinne. Sie hielt dabei allen Föderalismusbestrebungen in der Habsburger Monarchie zum Trotz am Status quo fest und polemisierte gegen die Slowenen, in deren Forderungen sie eine Gefährdung des jahrhundertealten Besitzstands der Deutschen und eine Slowenisierung des Landes sah, wie etwa am Kampf um das „Slowenische Gymnasium“ von Cilli 1895 deutlich wird.
Eine annähernd föderalistische Position in Bezug auf die eigene Ethnie nahm die Zeitung schließlich mit Auflösung der Habsburger Monarchie und der Inkorporierung der deutschsprachigen Bewohner der Region in den jugoslawischen Staat ein. Die Übernahme nationalsozialistischen Gedankenguts ist letztlich eher wenig überraschend angesichts der Tradition der Zeitung sowie des empfindlichen Drucks, den die Behörden des jugoslawischen Staates – besonders in den Jahren der Königsdiktatur ab 1929 – auf die Redaktion ausgeübt hatten.
Wirkung
Trotz der nicht von allen Marburger Deutschen geteilten politischen Position der Zeitung setzte sich diese nicht nur im „deutschen Festungsdreieck“ des geschlossenen deutschen Sprachraums der Städte Marburg, Cilli und Pettau, sondern auch gegen vergleichbare Laibacher Blätter durch und war zum Zeitpunkt ihrer Einstellung am 8. Mai 1945 die einzige verbliebene deutschsprachige Zeitung der Region. Das 83-jährige Erscheinen wurde nicht nur durch das solide journalistische Niveau möglich, sondern auch dadurch, dass die Zeitung zu einem nicht unbedeutenden Identitätsfaktor ihrer Leser wurde. Sie profitierte dabei auch von der Ausdünnung der deutschsprachigen Presselandschaft und dem starken Aufschwung slowenischer Periodika vor allem ab den 1880er Jahren. In dieser publizistischen und politischen Situation bediente die Marburger Zeitung den Bedarf der deutschsprachigen Bevölkerung an einer Zeitung, die für ihre nationalen und kulturellen Belange eintrat und entfaltete hiermit eine bedeutende Wirkung.
Zitate
„[…] wird [die Marburger Zeitung] den einzigen Ehrgeiz darin suchen, ein entschieden deutschnationales Blatt zu sein. Sie wird für das deutsche Volkstum mit aller Kraft und Begeisterung eintreten und in der Stärkung und Erhöhung des deutschen Stammesbewusstseins ihre vornehmste Aufgabe erblicken. Sie wird daher alle Versuche, die deutschnationale Strömung zu stauen, rücksichtslos bekämpfen, mögen dieselben von slavischen Gegner oder von scheinbar befreundeter Seite ausgehen.“
(„Einladung zum Bezuge“, MZ vom 28. Dezember 1887)
Bibliotheks- und Archivstandorte
Nachweis in Zeitschriftendatenbank
Digitalisate
Digitales Forum Mittel- und Osteuropa (www.difmoe.eu):
1866-1918; 1920-1930; 1932-1936; 1938, 1939; 1941-1945
Austrian Newspapers Online (http://anno.onb.ac.at):
1862; 1870; 1882-1918; 1920
Originalvorlagen und Mikrofilm
Deutschland
Institut für Zeitungsforschung (Dortmund): 1941-1944 (Mikrofilm, mit Lücken)
Deutsche Nationalbibliothek (Frankfurt a.M., Leipzig) : 1927-1941 (zuletzt mit Lücken)
Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung (Regensburg): 1882-1891, 1893-1903, 1906-1918, 1920
Staatsbibliothek zu Berlin: 1941 – 1943 (Mikrofilm, mit Lücken)
Universitätsbibliothek Tübingen: 1899 – Februar 1904 (Mikrofilm)
Österreich
Österreichische Nationalbibliothek (Wien): 1882-1945 (Mikrofilm)
Universitätsbibliothek Graz: 1862-1945 (Mikrofilm)
Slowenien
Regionalarchiv Maribor: 1919-1930, 1932-1942 (in einzelnen Nummern)
Ljubljana Stadtbibliothek: 1933-1939, 1941 (in einzelnen Nummern)
Nationalbibliothek Sloweniens (Ljubljana): 1865-1866, 1868-1869, 1879, 1888-1889, 1892, 1907, 1909-1917, 1920-1945
Staatsbibliothek Celje: 1930 (in einzelnen Nummern)
Universitätsbibliothek Maribor: 1862-1910 (1863-1865 Mikrofilm)
Fachliteratur
Berčič, Brank: Tiskastvo na Slovenskem [Das Druckereiwesen im slowenischen Raum]. Ljubljana 1968, S. 97-106, 162-176, 382.
Birk, Matjaž. Deutsche und slowenische Erinnerungskultur im Spiegel der Mariborer Periodika aus der Zeit nach dem Zerfall der Donaumonarchie. In: Károly Csúri (Hg.). Massenfeste: ritualisierte Öffentlichkeiten in der mittelosteuropäischen Moderne (Budapester Studien zur Literaturwissenschaft, Bd. 14). Frankfurt am Main u.a. 2009, S. 224-231
Ders.: Német és szlovén emlékezéskultúra a maribori periodikumok tükrében az Osztrák-Magyar monarchia széthullása után. [Deutsche und slowenische Erinnerungskultur im Spiegel der Marburger Periodika nach dem Zerfall der Donaumonarchie]. In: Tömegek és ünnepek. A nyilvánosság rítusai a közép-európai modernségben. Hg. von Károly Csúri, Magdonla Orosz, Zoltán Szendi. Budapest 2009, S. 243-252
Ders. / Urekar, Anja: Zum Bild der slowenischen Literatur und Kultur in der Marburger Zeitung in den drei Dekaden (1862-1890) und darüber hinaus. In: Vlad Obad (Hg.): Regionalpresse Österreich-Ungarns und die urbane Kultur, (Studienreihe Österreich-Bibliothek). Wien 2007, S. 85-113
Cvirn, Janez: Nemško gledanje na Slovence (1848–1914)/Die Slowenen mit deutschen Augen gesehen (1848-1914), in: Rozman, Franc (Hg.): Sosed v ogledalu soseda od 1848 do danes/Der Nachbar im Spiegelbild des Nachbarn von 1848 bis heute. Ljubljana 1995, S. 53–77
Kramberger, Petra: Deutschsprachige Presselandschaft in der untersteirischen Stadt Marburg an der Drau/Maribor (1862-1900). In: Spiegelungen 6 (2011) 60, H. 3, S. 264-276
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Peternel, Marija Mojca: Anton Korošec in Marburger Zeitung [Anton Korošec und die Marburger Zeitung]. In: Časopis za zgodovino in narodopisje [Review for history and ethnography]. Jg. 77 (2006), Nr. 42, S. 171-179
Reithofer, Angelika: Historische Umbrüche im Spiegel der Presse am Beispiel von Marburger Zeitung und Grazer Tagblatt vom September 1918 bis zum Marburger Bluttag, ein Vergleich / Angelika Reithofer 1994
Rihtarič, Ivan: Marburger Zeitung und Parlamentswahlen in Slowenien, Steiermark 1886 bis 1901. In: Magazin für Geschichte und Ethnographie 63 (1992), Nr. 2, S. 317-334
Ders.: Marburger Zeitung in nadomestne državnozborske volitve v mariborskem volilnem okraju l. 1905. In: Časopis za zgodovino in narodpisje [Review for history and ethnography]. 73 (2002), Nr . 38, S. 125-152
Žigon, Tanja: Deutschsprachige Presse in der Untersteiermark, in Kärnten, in Görz und Triest. In: Berichte und Forschungen. Jahrbuch des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa. Bd. 13. München 2005, S. 155-205
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Žižek, Aleksander: Slovenci, Vindišarji, Spodnještajerci in banditi: vloga Štajerske domovinske zveze in tiska - časnikov Štajerski gospodar in Marburger Zeitung - pri indoktrinaciji spodnještajerskega prebivalstva. In: Histriae Acta 15 (2007), Nr. 2, S. 747-768