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Arbeit und Überleben in Jugoslawien. Regionale Bergbaugesellschaften unter NS-Besatzung (1941-1944/45)

Projektverantwortliche: Dr. Sabine Rutar

Das Forschungsprojekt untersucht die Folgen von nationalsozialistischer Arbeitseinsatzpolitik für regionale Bergbaugesellschaften in Jugoslawien. Es leistet einen grundlegenden Beitrag zur südosteuropäischen Geschichte des Zweiten Weltkriegs, zur Forschung zu Zwangsarbeit und Arbeitseinsatz sowie zur Geschichte nationalsozialistischer Besatzungs-, Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik.

Arbeitsbeziehungen während des Zweiten Weltkriegs und die Auswirkungen der Kriegswirtschaft werden am Beispiel von vier Bergwerken untersucht. Die Wahl der Fallbeispiele richtet sich nach der kriegswirtschaftlichen Relevanz des jugoslawischen Bergbaus. Das größte Kupfererzbergwerk Europas befindet sich in Bor in Ostserbien, die zwei größten Bleizinkerzbergbaue in Jugoslawien waren Trepça/Trepča im heutigen Nord-Kosovo und Mežica/Mieß in Südkärnten (im heutigen Slowenien). Die Braunkohle aus Trbovlje/Trifail in der Untersteiermark (heute ebenfalls Slowe¬nien) war wichtig vor allem für die Industriebetriebe in der Obersteiermark (heute Österreich). Die vier Bergbaue spiegelten unterschiedliche sozioökonomische und -kulturelle Kontexte innerhalb Jugoslawiens und liegen verteilt in nördlichen und südlichen Landesteilen. Im Zweiten Weltkrieg waren sie allesamt deutsch besetzt: Südkärnten (Mežica) und die Untersteiermark (Trbovlje) fielen unter deutsche Zivilverwaltung und wurden an das Deutsche Reich annektiert; Ostserbien (Bor) und Südserbien/Kosovo (Trepça) fielen unter deutsche Militärverwaltung.

Das Überleben im Krieg wird als soziale Praxis untersucht: Um eine Kontextualisierung und Historisierung von Begriffen wie Zwang, Freiheit, Opfer, Täter, Kollaboration, Widerstand zu ermöglichen, wird der Arbeitseinsatz während der NS-Besatzung vor dem Hintergrund der Arbeitserfahrungen der Zwischenkriegszeit interpretiert. Die Lebenserfahrung der Betroffenen war maßgeblich für ihre Reaktionen auf die veränderte Situation. Freiheit und ihr Konterpart Zwang stehen in einem kulturell disponierten Beziehungsgeflecht zueinander, das es aufzuschlüsseln gilt. Weiters wirft die Verbindung von Arbeitseinsatz und Volkstumspolitik bzw. gezieltem gegeneinander Ausspielen ethnischer Zugehörigkeitsmomente Fragen nach der Festigkeit und Brüchigkeit, Fragmentierung, Volatilität und Radikalisierung von Loyalitäten auf und nicht zuletzt nach den regional geprägten Identifikationen innerhalb Jugoslawiens.

Der innerjugoslawisch vergleichende mikrohistorische Zugang lässt Schlussfolgerungen hinsichtlich makrohistorischer Fragen zu, nach den Korrelationen zwischen Akteuren und Strukturen (Handlungsspielräume), nach den Wirkungen der Etablierung und Zerstörung von (jugoslawischer) Staatlichkeit, nach den Prozessen längerer Dauer wie Sozialstrukturen, aber auch Loyalitätsformen und kollektive Identifikationen (insbesondere angesichts fragiler bzw. oft auch missliebiger Staatszugehörigkeit), Wirkungen des Krieges sowie der deutschen Kriegswirtschafts- und Arbeitseinsatzpolitik (Modernisierung versus Vernichtung).

Projektergebnisse:

Die Monographie ist zur Veröffentlichung in der Reihe C: Arbeitseinsatz und Zwangsarbeit im Bergbau während des Ersten und Zweiten Weltkrieges des Instituts für soziale Bewegungen an der Ruhr-Universität Bochum vorgesehen (Essen: Klartext Verlag).

Bisher veröffentlichte Aufsätze zu Teilaspekten:

"Unsere abgebrochene Südostecke…". Bergbau im nördlichen Jugoslawien (Slowenien) unter deutscher Besatzung (1941–1945), in: Michael Wildt / Marc Buggeln (Hg.), Arbeit im Nationalsozialismus, München: Oldenbourg, 2014, S. 273-292.
Open Access unter http://www.degruyter.com/viewbooktoc/product/220380

Arbeit unter deutscher Besatzung. Eine sozial- und alltagsgeschichtliche Untersuchung von Montanindustriebetrieben in Jugoslawien (1941-1944/45), in: Historie. Jahrbuch des Zentrums für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften, 7/2013/14: Besatzung, S. 290-304.

Die Gestalt(ung) des Sozialen: Jugoslawische Bergbaugesellschaften 1918-1945, in: Gorazd Bajc / Borut Klabjan (Hgg.), Pirjevčev zbornik. Poti zgodovine med severnim Jadranom, srednjo in vzhodno Evropo: ob 70. obletnici akad. prof. dr. Jožeta Pirjevca, Koper: Založba Annales, 2011, S. 445-464.

Employment of Labor in War-Time Serbia: Social History and Politics of Amnesia, in: Sabrina P. Ramet / Ola Listhaug (Hgg.), Serbia and the Serbs in World War Two, Basingstoke: Palgrave, 2011, S. 44-69.

Besetztes jugoslawisches Gebiet Slowenien, in: Gerd R. Ueberschär (Hg.), Handbuch zum Widerstand gegen Nationalsozialismus und Faschismus in Europa 1933/39-1945, München: de Gruyter 2011, S. 269-280.

Oral History as a Method: Variants of Remembering World War Two in Slovenia, Serbia, and Bosnia-Herzegovina, in: Constantin Iordachi (ed.), Rethinking the Social. Writing Social History in East Central Europe. East-Central Europe / L’Europe du centre-est. Eine wissenschaftliche Zeitschrift, Vol. 34-35/1-2 (2007/2008), Budapest: CEU, 2009, S. 245-265.

Vloga železnice pri gospodarskem izkoriščevanju Slovenije med drugo svetovno vojno: prispevek k odprtim raziskovalnim vprasanjem [Zur Rolle der Eisenbahn bei der wirtschaftlichen Ausbeutung Sloweniens während des Zweiten Weltkriegs: Ein Beitrag zu offenen Forschungsfragen], in: Borut Klabjan / Urška Železnik (eds.), Zgodovina prometnih povezav: 150 let Južne Železnice / The History of Transport Connections: 150 Years of the Southern Railway. Acta Histriae 16/3 (2008), Koper: Univerza na Primorskem, Znanstveno-raziskovalno središče, S. 315-324.

Totalitarian Structures and Social Practice: Deviance in Yugoslavia Between 1941 and 1951, in: Darko Darovec (ed.), Retorike Deviantnosti: Kriminalci, izobčenci in devianti skozi zgodovino / Rhetoric of Deviance. Criminals, Outlaws, and Deviants in History, Koper: Univerza na Primorskem, Znanstveno-raziskovalno središče, 2007 (Actae Histriae 15/2), S. 769-780.

Munka és túlélés Szerbiában. A Bor-i rézbánya a második világháborúban, in: Balázs Schuller, Dénes Sokcsevits (Hg.), Pillantás a Balkánra. Interdiszciplináris tanulmányoka XX. századi Balkán-félszigetről. Looking at the Balkans. Interdisciplinary Studies On The Balkan Peninsula in the 20th Century, Pécs 2007, S. 49-87. (Übersetzung ins Ungarische von Nr. 17: ‚Arbeit und Überleben in Serbien: Das Kupfererzbergwerk Bor im Zweiten Weltkrieg’ [Geschichte und Gesellschaft, 31 / 2005])

Heldentum, Verrat und Arbeit in Jugoslawien: Arbeitseinsatz im sozialistischen Kontext, in: Hans-Christoph Seidel, Klaus Tenfelde (Hg.), Zwangsarbeit im Europa des 20. Jahrhunderts. Bewältigung und vergleichende Aspekte, Essen: Klartext, 2007 (Veröffentlichungen des Instituts für soziale Bewegungen, Schriftenreihe C: Arbeitseinsatz und Zwangsarbeit im Bergbau, 5), S. 75-101.

Arbeit und Überleben in Serbien: Das Kupfererzbergwerk Bor im Zweiten Weltkrieg, in: Geschichte und Gesellschaft 31 (2005), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 101-134.

Zwischen Volkstumspolitik und Volksbefreiungskampf. Braunkohlenabbau im deutsch besetzten Slowenien, in: Klaus Tenfelde - Hans-Christoph Seidel (Hg.), Zwangsarbeit im Bergwerk. Der Arbeitseinsatz im Kohlenbergbau des Deutschen Reiches und der besetzten Gebiete im Ersten und Zweiten Weltkrieg, Essen: Klartext, 2005 (Veröffentlichungen des Instituts für soziale Bewegungen, Schriftenreihe C: Arbeitseinsatz und Zwangsarbeit im Bergbau, 1), S. 537-569.

Arbeit unter deutscher Besatzung. Die wirtschaftliche Ausbeutung des Braunkohlenreviers Trbovlje, in: Gerhard Jochem – Georg Seiderer (Hg.), Entrechtung, Vertreibung, Mord. NS-Unrecht in Slowenien und seine Spuren in Bayern 1941-1945, Berlin: Metropol, 2005, S. 205-222.

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